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Aus: Ausgabe vom 03.09.2025, Seite 2 / Ausland
Gazakrieg

Gefangen, gefoltert, krank

Gazakrieg: Inhaftierter palästinensischer Kinderarzt in desolatem Zustand
Von Jakob Reimann
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Alltag in Gaza: Palästinenser auf der Flucht in den Süden des Küstenstreifens (1.9.2025)

Nach 250 Tagen in israelischer Geiselhaft ist der körperliche Zustand von Hossam Abu Safija katastrophal. Der Kinderarzt aus Gaza leidet unter Krätze, Abszessen sowie großflächigen Hautkrankheiten und Infektionen, so Abu Safijas Anwältin Gheed Kassem in einem auf Instagram veröffentlichten Statement am Montag. Demnach würden dem Direktor des Kamal-Adwan-Krankenhauses in Beit Lahija im nördlichen Gazastreifen lediglich 30 Minuten Sonnenlicht pro Monat gestattet, und er habe in den acht Monaten seit seiner Entführung ein Drittel seines Körpergewichts verloren. Abu Safija war im Zuge der Belagerung und Stürmung des Krankenhauses, in dessen Verlauf israelische Soldaten das Gebäude in Brand setzten, am 27. Dezember 2024 von der Besatzungsarmee entführt worden. Seitdem sitzt er ohne Anklage im berüchtigten Ofer-Gefängnis im besetzten Westjordanland, in dem systematische Menschenrechtsverletzungen begangen werden. So wurde der Orthopäde Adnan Al-Bursh im April 2024 dort zu Tode gefoltert.

Unterdessen führt Israel den Vernichtungskrieg gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen unvermindert fort und eskaliert die Gewalt insbesondere in Gaza-Stadt, wo über eine Million Menschen, die Hälfte der Gesamtbevölkerung, inmitten von Trümmern ausharren. So haben israelische Streitkräfte am Dienstag mindestens 78 Menschen getötet, die meisten davon in der Hauptstadt; Hunderte mehr wurden verletzt. Im jüngsten Massaker hat eine israelische Drohne am Dienstag im als »sichere Zone« ausgewiesenen Al-Mawasi nahe Khan Junis elf Menschen getötet, meldete Al-Dschasira, darunter sieben Kinder, die an einer Wasserausgabestelle ihre Kanister befüllen wollten. Bei einem weiteren Anschlag auf ein Wohnhaus im Stadtteil Daraj im Osten von Gaza-Stadt töteten israelische Streitkräfte laut dem Onlinemedium New Arab zehn Mitglieder einer Familie. Laut palästinensischen Behörden sind 13 weitere Personen im Gazastreifen verhungert. Seit Beginn des Völkermords im Oktober 2023 hat Israel demnach 361 Palästinenser durch Hunger und Unterernährung getötet, 130 davon Kinder. Am 22. August hatte die international führende Initiative für die Klassifizierung von Ernährungssicherheit (IPC) eine Hungersnot in Gaza-Stadt ausgerufen; über eine halbe Million Menschen ist unmittelbar betroffen.

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